Warum nicht 
einfach immer 
Sommerzeit?

Seit 30 Jahren stellen die Deutschen Jahr für Jahre ihre Uhren um. Im Frühjahr kommt die Sommerzeit und im Herbst die Winterzeit, die es ja gar nicht gibt. Von den meisten wird dieses Ritual als störend empfunden.

Im Kern handelt es sich bei der Sommerzeit um einen Versuch, das Leben der gesamten Gesellschaft ökonomischer zu gestalten. Nach der Ölkrise 1973 war das Bemühen, Energie zu sparen sehr groß. Wenn es im Sommer länger hell ist, dann wird weniger Strom verbraucht, dachten sich die Verantwortlichen. Im Westeuropa wurde deshalb Ende der 1970er Jahre die Sommerzeit eingeführt. Nur in Deutschland dauerte es etwas länger.

Um tatsächlich wirtschaftlichen Nutzen aus der Zeitumstellung ziehen zu können, mussten hier zu Lande beide Staaten trotz der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Wirtschaftssystemen synchron funktionieren. Vor allem der Verkehr zwischen Ost- und West erforderte dies. 1980 war es dann so weit. Die DDR forcierte die Umstellung. Die Bundesrepublik beschleunigte die Einführung. Als gesamtdeutsches Projekt konnten die Uhren umgestellt werden. Die Fahrpläne der Bahnen harmonierten weiter. Ganz nebenbei wurde so ein kleines Stück gesamtdeutscher Normalität durch das gleichzeitige Drehen am Zeiger festgeschrieben.

Aber der ökonomische Nutzen stellte sich nicht ein. Energie wird nicht gespart. Das bisschen Strom für kürzer brennendes Licht, das weniger benötigt wird, ist nicht messbar. Auch sonst sind keine Vorteile erkennbar. Das merkte schon die DDR, die deshalb mit der Ankündigung, zum Alten zurückkehren zu wollen, deutsch-deutsche Hektik verursachte. Die Sowjetunion aber war vom Nutzen überzeugt. So blieb der DDR-Alleingang aus.

D ie meisten Deutschen erleben seitdem die Nachteile. Die liegen im Befinden, teilweise sogar im gesundheitlichen Wohlergehen. Die Zahl derer, die Schwierigkeiten hat, sich an den neuen Schlafrhythmus anzupassen ist groß. Und das alles nur für einen nicht messbaren wirtschaftlichen Vorteil.

Damit steht die Zeitumstellung für ein Phänomen, das die Gesellschaft beherrscht. Wirtschaftliche Argumente dominieren unser Leben – bis in den Schlaf hinein. Ständige Erreichbarkeit mit Handy und Mail gehört sicherlich auch zum Unbehagen. Deshalb wäre es nicht verkehrt, mit der zeitlichen Fremdbestimmung aufzuhören. Für die Sommerzeit hieße dies, dass sie einfach für immer bleibt.

MOZ-Kommentar…

Andreas Eschbach beschwört das Ende des Erdöl-Zeitalters

Andreas Eschbach: Ausgebrannt
Andreas Eschbach: Ausgebrannt

Die Ölkrise hat die Welt fest im Griff. Steigende Benzinpreise und keine Aussicht auf eine dauerhaft sichere Ölversorgung beunruhigen Wirtschaft und Verbraucher. Andreas
Eschbach hat mit „Ausgebrannt“ einen Thriller über das Versiegen der Ölversorgung
geschrieben, der viel von dem vorweg nahm, was jetzt in der Zeitung steht. Die junge Cottbuser Tageszeitung 20 cent sprach mit dem Autor.

Überall in Europa blockieren Lkw-Fahrer Autobahnen, in Spanien kam es sogar zu Toten.
Die Realität des Sommers 2008 liest sich wie ein Teil Ihres Romans.

Ja, aber wie ein ziemlich weit vorn liegender Teil. Das, was zur Zeit passiert, sind alles noch Peanuts im Vergleich zu dem, was passieren wird, sobald es richtig abwärts geht mit
der Ölförderung.

Auch die Geschichte mit den französischen Fischern konnten wir schon bei Ihnen lesen.
Wie haben Sie Ihr Szenario vom ausgehenden Öl entwickelt?

Das war so schwierig nicht, schließlich ist schon seit Jahrzehnten klar, dass es sich bei
Rohöl um eine endliche Ressource handelt, die irgendwann zur Neige gehen muss. Zumal
wir diesen Rohstoff ja mit ungeheurer Geschwindigkeit verbrauchen, viele Millionen Liter
jeden Tag. Und weil das eben seit Jahrzehnten klar ist, existiert natürlich auch schon ungeheuer viel Literatur zu diesem Thema; alle Aspekte sind längst diskutiert und gründlich von allen Seiten beleuchtet worden.

Was waren Ihre wichtigsten Quellen?

Da müsste ich nachsehen und lange grübeln, welches Buch wie wichtig war. Auf jeden Fall
waren Bücher wichtiger als Internetquellen, soviel kann ich sagen. Und das Bemerkenswerteste fand ich, dass ich gar nicht lange danach suchen musste: Das meiste von dem, was ich verwendet habe, stand schon lange in meinem Bücherschrank! Das scheint mir irgendwie eine Metapher zu sein für das Grundproblem des Ganzen: Dass wir keinen Plan B, keine Alternative zum Öl entwickelt haben, sondern es vorziehen, die Augen vor dem Problem zu verschließen.

Und wann sind Sie auf die Idee gekommen, daraus einen Roman zu schreiben?

Ich bin in irgendeinem Buch auf den Satz gestoßen, mit dem mein Roman anfängt: Auch mit dem letzten Tropfen Benzin kann man noch beschleunigen. In diesem Moment stand mir die Grundstruktur der ganzen Geschichte vor Augen, mit einem Schlag. Und wenn so etwas passiert, dann ist klar, den Roman muss man schreiben.

Wenn Sie nun die Realität mit Ihrem Szenario vergleichen, wo lagen Sie richtig, wo falsch?

Falsch liege ich – wobei mir das von vornherein klar war und ich dazu nur sagen kann: Gott
sei Dank! – mit dem Szenario,dass das saudische Öl auf einen Schlag versiegt. Die Möglichkeit, dass das passieren könnte, hat nach Aussagen von Experten immer bestanden, aber wie es aussieht, haben es die Saudis hingekriegt, das zu vermeiden. Wobei ihre Förderung zurückgeht, das haben sie inzwischen eingeräumt. Mit dem Rest liege ich, fürchte ich, richtiger als uns lieb sein kann.

Sie sind sehr pessimistisch, wenn es um neue Ölfelder geht. Warum?

Schauen Sie, selbst wenn ein Ölfeld gefunden wird, das eine Milliarde Barrel Öl enthält, was dann schon in den Medien berichtet wird, so selten passiert es, dann dauert es erstens
noch ziemlich lange, ehe das Öl erschlossen werden kann, und dann deckt diese Menge den
Weltbedarf rechnerisch trotzdem nur gerade mal zwei Wochen. Es ist einfach so, dass seit
Jahren mehr Öl verbraucht als neu gefunden wird – das bestreiten übrigens nicht einmal
die Ölkonzerne selbst, und auch nicht, dass das in der Natur der Sache liegt. Die Kurve
der Funde geht schon lange nach unten, die Kurve der Förderung muss ihr also zwangsläufig folgen.

Dass das Verbrennen von Erdöl auch für das Klima eine Katastrophe ist, haben Sie in
Ihrem Thriller ausgelassen.

Es kommt nur einmal kurz vor. Das Buch ist schon so dick genug. Und ich bin mir nicht
sicher, welche der beiden Entwicklungen bedrohlicher ist – das Versiegen des Öls oder die
Erwärmung des Erdklimas. Ich sehe da zwei Schneiden einer Schere auf uns zukommen.

Al Gore will es in zehn Jahren schaffen, die USA von der Droge Öl zu entziehen. Ist das
realistisch oder so fantastisch wie ein schlechter Roman?

Nun, wenn es darum ging, irgendwelche gigantischen und allgemein für unmöglich gehaltenen Projekte durchzuziehen, haben die Amerikaner den Rest der Welt in der Vergangenheit immer zu verblüffen gewusst. Ob sie das allerdings heutzutage noch drauf haben, mit einer entkernten und doch eher labilen Wirtschaft, weiß ich nicht. Es wäre zu wünschen. Mehr gespannt bin ich aber auf die Schweden, die ja von Öl UND Atomkraft wegkommen wollen. Schweden, man stelle sich vor! Mit Solarenergie ist dort ja nicht viel zu holen.

Haben Sie aus Ihrem Wissen auch persönliche Konsequenzen gezogen? Wie heizen Sie?
Wie bewegen Sie sich fort?

Ich bin geborener Schwabe, da neigt man ohnehin zur Sparsamkeit. Aber das Haus, das
wir gekauft haben, ist in der Tat noch mit einer Ölheizung ausgestattet, und wir leben auf
dem Land in einer Gegend, wo man ohne Auto verloren ist.

Wollen Sie das ändern?

Natürlich. Bloß: Was macht man stattdessen? Das ist ja gerade das Problem.