Es sind die schmiedeeisernen Balkone, die mir in Lemberg als erstes auffallen. Egal aus welcher Epoche die Häuser sind, sie werden von Balkonen geziert. Sie verstecken sich nicht in den Hinterhöfen, sondern blicken stolz auf die Straße. Offensichtlich zeigte man sich hier früher gern, nahm vom Balkon aus am Leben in den Straßen teil. Wo sich in Deutschland die Bewohner der Häuser aus dem Barock, dem Klassizismus oder dem Jugendstil eher vom sicheren Erker einen Blick in die Öffentlichkeit trauten, trat der Lemberger nach außen.
Selbst an so manchem Plattenbau aus sozialistischen Tagen prangen Balkone. Sie sind dann meist aus billigerem Stahlrohr, teilweise auch aus Beton. Aber der dem Leben zugewandte Aufenthalt zwischen sicherer Wohnung und dem Leben draußen, den gibt es auch an diesen Häusern. Heute sehen sie an den Fassaden, die oft noch nicht saniert sind, schäbiger aus, als ihre schmiedeeisernen Vorbilder. Auch wenn diese dringend Anstrich, Entrostung oder vollkommene Restaurierung ebenfalls nötig hätten. Zwar sind die meisten Wohnungen in Privatbesitz, aber die Häuser nicht. Sie gehören der Stadt. Das ist Ergebnis der sowjetischen Politik. Die Wohnungen konnten die Bewohner billigst kaufen. Für die Außenhülle blieb aber die Kommune verantwortlich. Um die vielen schönen Fassaden zu sanieren, fehlt Lemberg aber das Geld. Und so beeindruckt die Pracht, die schon bessere Zeiten erlebte.
Um die vielen schönen Balkone sachgerecht erhalten zu können, wird allerdings Vorsorge getroffen. Jedes Jahr werden an der Kunstakademie in Lemberg mehr als ein halbes Dutzend Kunstschmiede ausgebildet. Sie können ihren Beitrag zur Erhaltung des außergewöhnlichen Erbes der Stadt leisten. Dass sie das tun, zeigen die vielen schon restaurierten Balkone, Gitter und Zäune. Aber die Arbeit wird ihnen in den nächsten 20 Jahren sicherlich noch nicht ausgehen.
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