In der Kürze liegt die Würze – und das Geschäft

Goldgräberstimmung im Internet. Fast 80 000 Anfragen nach den neuen Internet-Adressen wurden an nur einem Tag gestellt. Gut 30 000 hat die zuständige Stelle, die Denic, tatsächlich registriert. Das ist eine große Zahl, aber angesichts von 13 189 325 deutschen URLs (Uniform Resource Locators), wie die Internetadressen im Fachjargon heißen, nicht so viel.

Und dennoch ist der Ansturm verständlich. Weder ein- oder zweistellige Buchstabenkombinationen noch Ziffern waren bislang erlaubt. Nicht nur für Volkswagen, das um die URL www.vw.de prozessierte und damit die neuen Webadressen ermöglichte, steckt viel Potenzial in den kurzen Domains. Natürlich wollen alle Marken, die aus zwei Buchstaben oder Ziffern bestehen, in ihrer Schreibweise erreichbar sein. Aber nicht nur die. Denn kurze URLs erleichtern die Verlinkung.

Das Zauberwort heißt wieder einmal Twitter. Das soziale Netzwerk der kurzen Mitteilungen hat sich zu einer machtvollen Verlinkungsmaschine gemausert. Zwar wird auf Twitter auch viel Belangloses erzählt. Warum es aber funktioniert, hat einen anderen Grund: Menschen, mit denen man sich selbst verbunden hat, schicken Hinweise zu interessanten Links. Diese Empfehlungen wiederum sorgen dafür, dass man selbst diesem Link folgt. Denn ohne den Hinweis hätte man die verlinkte Seite kaum gefunden – oder gar nicht gesucht.

Das funktioniert nur mit kurzen URLs, weil Twitter-Nachrichten nur aus 140 Zeichen bestehen. Deshalb gibt es spezielle Webseiten, die aus langen ganz kurze Links generieren. Wer nun eine sehr kurze Domain hat, kann darauf hoffen, dass sie vollständig getwittert wird und nicht die kryptische der URL-Verkürzer.

Für Firmen steckt ein enormes wirtschaftliches Potenzial darin. Was ist besser als eine persönliche Empfehlung? Für Werbung dieser Art würden Unternehmen viel Geld in die Hand nehmen. Mit gezieltem Onlinemarketing wollen sie dafür sorgen, dass Mitglieder sozialer Netzwerke ihre Links verbreiten.

Google und Bing haben erkannt, wie wichtig solche Twitter-Empfehlungen als Navigationshilfe im Internet sind. Sie wollen die Einträge in Twitter, Facebook und StudiVZ live sichtbar machen, um so ein ideales Werbeumfeld zu schaffen. Unternehmen, die sich fit für Twitter und Co. gemacht haben, werden davon mit Sicherheit profitieren. Zwei Buchstaben an der richtigen Stelle können deshalb ein Vermögen wert sein.

Vom Umgang mit persönlichen Daten im Netz

Datenklau im Internet. Diese Schlagzeile funktioniert immer. Sie arbeitet mit diffusen Ängsten. Und ist dennoch bei weitem nicht immer richtig. SchülerVZ wird mit dem Diebstahl von 1,6 Millionen Datensätzen konfrontiert. Ein Wissenschaftler hat sich die Daten auf einem fragwürdigen Weg besorgt. Er hat sich Unmengen von E-Mail-Adressen beschafft, um mit diesen Profile bei SchülerVZ anzulegen. Über diese Profile konnte er dann öffentlich zugängliche Daten der SchülerVZ-Mitglieder ansehen, auslesen und in einer illegalen Datenbank bündeln

All das machte der anonyme Wissenschaftler automatisch. Er setzte Programme ein, die sowohl E-Mail-Adressen anlegten als auch die Profile. Um an die 1,6 Millionen Datensätze zu kommen, wird er nicht länger als eine Woche benötigt haben. Damit hat er gezeigt, dass Daten aus sozialen Netzwerken ausgelesen werden können. Allerdings im Falle SchülerVZ nur jene Daten, die von den Schülern als öffentlich markiert waren. All das, was nur die realen und virtuellen Freunde erfahren sollen, blieb dem Wissenschaftler versperrt.

Und genau das ist das Entscheidende. Der Datenschutz bei SchülerVZ hat funktioniert. Eine vollständige Sicherheit vor kriminellen Zugriffen allerdings kann nicht garantiert werden. Es stellt sich aber auch die Frage, wie der Zugriff eines anonymen Hackers mit krimineller Energie zu bewerten ist, der Selbstverständlichkeiten publik macht.

Jeder, der im Internet Daten einstellt, die über längere Zeit von bestimmten Gruppen gelesen werden sollen, muss wissen, dass sich diese nicht vollständig sichern lassen. Von Xing oder Facebook finden sich sogar nichtöffentliche Daten im Internet. Das ist bei SchülerVZ nicht passiert, weil der Betreiber aus den Datenpannen der Vergangenheit gelernt hat und sein Netzwerk besser gesichert hat.

Der angebliche Skandal lehrt uns dennoch etwas Wichtiges: Das Wissen um Datensicherheit und -schutz ist in Deutschland so schlecht, dass selbst Lappalien zu Skandalen aufgebauscht werden können. Dagegen hilft nur lernen. Für die Mitglieder von SchülerVZ am besten schon in der Schule.