Tabor Süden ist fast schon so jemand wie Miss Marple. Die Romane mit ihm als Helden gehen langsam in Richtung Dutzende. Und dennoch hat Friedrich Ani immer wieder neue Ideen für seinen kauzigen Privatdetektiv, der lange als Kommissar Vermisste suchte, bevor de rzum Privatdetektiv mutierte. Im aktuellen Buch „M“ schickt Ani seinen Süden auf die Suche nach einem Mann, der sich mit Neonazis eingelassen hat.
Dieser ist verdeckter Ermittler. Allerdings weiß das weder die Auftraggeberin noch die Detektei, für die Tabor Süden inzwischen arbeitet. Erst langsam öffnen sich Süden die Augen. Um das ganze Ausmaß des Falls zu begreifen, muss ein Kollege sterben. Und spätestens in dieser Phase des Buches geht den Lesern langsam ein Licht auf. Ani hat seinen Süden quasi in eine Geschichte geschickt, die irgendwie mit dem NSU zu tun hat. Und das, ohne sich auf die Zwickauer Terrorzelle zu beziehen. Denn Ani geht es darum aufzuzeigen, wie das konsequente Verschließen der Augen vor der neonazistischen Option bei einem Mord den Terror erst ermöglicht. Denn die Polizei weigert sich auch hier, den Mord in Beziehung zu rechtsextremen Umtrieben zu setzen. Das liegt auch am Verfassungsschutz, der die Hand über Informanten hält. Außerdem wirken Mechanismen, die scheinbar ehrbare Geschäftsmänner davor schützen, ins Blickfeld der polizeilichen Ermittler zu rücken – in diesem Fall ein Hotelier, der die Fäden eines rechtsextremen Netzwerkes zieht.
„M“ lebt nicht von diesem Stoff allein. Tabor Süden ist wieder einmal eine faszinierende Figur. Ani führt ihn so ein, dass Erstleser wie auch Serienleser gut mit der Figur klar kommen. Wobei die Süden-Fans es natürlich einfacher haben. Für sie werden vervollständigen die neuen Facetten das ohnehin schon vielschichtige Bild der Figur. Es ist wirklich erstaunlich, wie es Friedrich Ani immer wieder gelingt, nicht nur packende Krimis zu den aktuellen Themen der Gegenwart zu schreiben, sondern dafür auch immer wieder diesen grantelnden, melancholischen und irgendwie in der Welt verlorenen – inzwischen auch alten – Mann nutzen zu können. Trotz all seiner Macken – oder vielleicht auch gerade deshalb – wird dem Leser dieser Mensch immer sympathischer.