Dass die Mona Lisa nicht echt ist, wurde ja schon in vielen Büchern behauptet. Die kamen aber dann meist mit Verschwörungstheorien daher, die einem wie mir die Haare zu Berge stehen ließen. Denn viel plausibler als komplexe Verschwörungstheorien ist ja meist das banale Leben. Deborah Dixon hat bis kurz vor ihren Tod mit 85 Jahren ein Buch geschrieben, das vor allem ein Panorama sehr plausibler, ganz menschlicher Aspekte zu einem packenden Buch voller zeitgeschichtlichem und kunstgeschichtlichem Wissen formt.
Da íst dieser Eduarado de Valfierno, der in Marseille anfangs des 20. Jahrhunderts einen Maler kennenlernt, der Bilder von berühmten alten Meistern von der Farbenherstellung bis zum einzelnen Pinselstrich nachahmen kann, so dass sich daraus für beide ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt. Valfierno hat vor allem reiche Amerikaner als Kunden im Visier, die ihr Vermögen in Kunst der alten Welt anlegen wollen, um damit den Anschluss an Kultur und Geschichte zu finden.
Der große Coup wird 1911 durchgeführt. Da klaut Valfiereno die Mona Lisa aus dem Louvre. Zuvor hat er vier Käufern das Gemälde verkauft – um es vor den Deutschen zu retten. Drei der falschen Mona Lisas versinken dann 1912 mit der Titanic. Nur eine verbleibt in Europa. All das ist unglaublich. Aber es beruht auf Fakten. Denn Deborah Dixon war mit der späteren Frau Valfiernos sehr eng befreundet. Von ihr bekam sie dessen Tagebücher mit der Bitte, diese zehn Jahre nach ihrem Tod zu veröffentlichen. Doch das alleine wäre Dixon zu wenig gewesen. Deshalb ordnet sie alles in ein erstaunlich dichtes Zeitpanorama ein.
Dixon erzählt, wie die Stimmung im Frankreich kurz vor dem ersten Weltkrieg war. Die Kunsthistorikerin, die weiß um die Filmszene Hollywoods, in der Valfiernos Frau Karriere machte. Und sie kannte viele der beschriebenen Figuren von Hemingway über Budd Schulberg oder Malene Dietrich persönlich. All diese Menschen sind im letzten Viertel des Buches präsent. Und obwohl sie das wunderbar schreibt, handelt es sich dabei um die schwächsten Passagen des Buches. Das allein zeigt, wie großartig der Rest ist!
Dieses Buch, das erzählt, weshalb die Mona Lisa, die jährlich von sechs Millionen Menschen im Louvre angeschaut wird, eine Fälschung ist. Denn das Original wurde ja geklaut – und kam nie wieder zurück! Staunen, Wundern, Lernen und Genießen. Das sind die Erregungszustände, in die Deborah Dixons „Der Mona Lisa Schwindel“ den Leser versetzt. Und das ohne alle Thriller-Verschwörungstheorien. Es war alles viel banaler – und doch so sagenhaft aufregend.