Es ist nur ein Tag im Leben Lion Feuchtwangers, den Klaus Modick in seinem aktuellsten Roman begleitet. Aber es ist ein Tag, in dem der international so erfolgreiche Feuchtwanger das Telegramm mit der Nachricht vom Tode seines Freundes Bert Brecht erhält. Modick formt aus diesem Plot einen sensiblen Text über Freundschaft, Literatur und Exil. Lion Feuchtwanger war neben Thomas Mann der wohlhabendste deutsche Exilschriftsteller.
Beide lebten in Hollywood/Los Angeles. Im Gegensatz zu den meisten deutschen Schriftstellern, denen die Flucht vor den Nazis in die USA gelang, konnte Feuchtwanger dank der vielen erfolgreichen Übersetzungen seiner historischen Romane und des Verkaufs von Filmrechten sehr gut leben. Bert Brecht dagegen bekam in Hollywood kein Bein auf den Boden. Auch viele andere, wie Walter Mehring, scheiterten. Feuchtwanger unterstützte viele Emigranten. Teils direkt, teils über Stiftungen und den 1944 in New York mitgegründeten Aurora Verlag, in dem etliche Exil-Autoren veröffentlichen konnten.
1956 lebte Feuchtwanger noch immer in den USA. Brecht war wie viele andere, die trotz der Verbrechen Stalins davon träumten, dass die DDR eine freie Heimstatt für Künstler sein könnte, nach Ost-Berlin gegangen. Drei Jahre nach der Niederschlagung des Arbeiteraufstands vom 17. Juni 1953 stirbt Brecht. Modick, der über Feuchtwanger promoviert hat, begleitet den Schriftsteller vom Aufstehen bis in den Abend. Das Telegramm mit der Todesnachricht löst eine Reihe von Erinnerungen aus. In diesen Rückblenden wird die Freundschaft der beiden von Kennenlernen in München um 1920 bis zur letzten Begegnung kurz vor Brechts Auftritt vor der Mc Carthy-Kommission erinnert.
Modick macht dies mit einer Mischung aus Fiktion und der Nutzung verbriefter Quellen. Dabei entsteht ein sehr kompaktes Panorama des Exils mit all den politischen Irrungen, persönlichen Enttäuschungen und privaten Verstrickungen. Modicks Sprache ist sehr prägnant. Die Gedanken sind klar und ohne Schnörkel formuliert. Er nähert sich der Sprache Feuchtwangers an, ohne in dieser aufzugehen. Und so gelingt es ihm, ein überzeugendes Buch vorzulegen – und zwar in Form und Inhalt. Es ist sowohl für jene ein Genuss, die sich mit der Exillitertaur auskennen, als auch für jene, die schlicht neugierig sind. Auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2011 ist es völlig zurecht.
Klaus Modick: Sunset, Eichborn