Die U-Bahn hält ziemlich lang. Eigentlich fährt sie ja in den Bahnhof, dann gehen Dienstreise auf und nach einer guten Minute tönt es aus den Lautsprechern: „Zurückbleiben!“ Aber diesmal ist es anders. Die Bahn fährt und fährt nicht los. dann kommt die Lokführerin in unseren Waggon, packt mein Fahrrad und will wieder raus. „Das ist mein Fahrrad“, rufe ich verwirrt. „Mir ist gesagt worden, hier sei ein herrenloses Fahrrad,“ sagt sie, lässt es stehen und verschwindet wieder.
Alle Blicke im Waggon heften sich auf mich. Einige schmunzeln, andere schauen verwundert. Denn ich sitze ein Stück weg vom Rad, das ich mit einem Klettband an einer Haltestange befestigt hatte. Und ein Mann sagt: „Aha. Jetzt haben Sie sich wohl schnell ein Rad organisiert. Ich war leider nicht schnell genug.“ Da bleibt mir der Mund offen stehen. Ich muss mich rechtfertigen, dass mir mein Fahrrad gehört? „Sie sind erst nach mir eingestiegen,“ versuche ich es. „Das kann ja jeder sagen.“ Er macht einfach weiter. Die Mitfahrer werden zum Publikum. Blicke wandern von ihm zu mir. Sie wollen wissen, wie es weitergeht, freuen sich über die Abwechslung in der überhitzten Bahn.
Mein Kontrahent legt noch eins nach. „Also, ich glaube nicht, dass das Ihr Rad ist. Ich nehme es mit.“ Da rutscht es mir raus: „Schauen Sie mal auf den Sattel. Der ist viel zu hoch für Sie. Aber nicht für mich!“ Alle Blicke richten sich auf ihn. Und dann lacht der Waggon. Der Mann ist höchstens 1,70.
Jetzt schweigt er. Sagt nichts mehr. Aber ich ärgere mich. Nicht mehr über ihn. Sondern darüber, dass mir in der Hitze kein besseres Argument eingefallen ist, als eines, das sich auf seinen Körper. Und darüber, dass Schadenfreude doch immer am besten ankommt.