Ein Stück Weltliteratur lag neulich auf dem Weg zum Bahnhof in Frankfurt (Oder) auf einer Mauer. Ich konnte nicht anders und nahm das Buch mit, obwohl ich es in einer anderen Ausgabe einst geschenkt bekam und mit wachsender Begeisterung las. Multatuli (lat. „ich habe vieles ertragen“) nannte sich der niederländische Autor Eduard Douwes Dekker, als er seine Abrechnung mit den Zuständen der Niederländischen Ostindischen Kompagnie verfasste.
„Max Havelaar oder Die Kaffeeauktionen der Niederländischen Gesellschaft“ ist der Titel des Bandes, den es auf der Frankfurter Mauer in einer Dünndruckausgabe des Leipziger Paul List Verlages von 1972 gab.
Der Name Max Havelaar hat ein eigenständiges Leben entwickelt. In der Schweiz gibt es sogar eine Max-Havelaar-Stiftung. Sie vergibt das dortige Fair-Trade-Siegel. Denn Multatuli hat in seinem Roman beschrieben, wie brutal die Ostindische Gesellschaft die Menschen im heutigen Indonesien ausbeutete. Mit 18 Jahren war Dekker selbst nach Batavia, dem heutigen Jakarta, gezogen. Er erlebte die Herrschaft der Firma, die wie ein eigener Staat agierte. Sein Buch darüber wird heute als wichtigster literarischer Text der Niederlande eingeschätzt. Konkret geht es in dem Buch um ein Buch, das die Zustände auf Java beschreibt.
Bei der Veröffentlichung dieses Buches will der Kaffeehändler Droogstoppel nicht helfen. Droogstoppel ist genauso dröge und bieder, wie der Name klingt. In dieser Handlung erzählt Multatuli/Dekker die Geschichte der Entstehung des eigentlichen Buches, um am Ende das gesamte korrupte System anzuklagen. Übrigens stecken da etliche Parallelen zur aktuellen politischen Lage. Denn die Ostniederländische Kompagnie war ursprünglich selbständig. Doch dann hat sie sich so überhoben, dass der Staat sie retten musste. Allerdings wollte die Kompagnie sich dennoch nicht in die eigenen Belange reinreden lassen. Sie verteidigte ihre Rolle ähnlich wie die Banken heute. Die Steuerzahler hatte für die Konkursvermeidung bezahlt. Aber einen Gewinn sollte es für ihn nicht geben. Aber auch ohne diese Parallelen ist das Buch sehr lesenswert. Denn es gibt nicht nur einen erschütternden Einblick in die frühe Globalisierung, als Europa meinte, die ganze Welt sei ihm Untertan.
Es ist auch einfach richtig gut und kurzweilig geschrieben, es wechselt zwischen Satire und Anklage, spart aber auch nicht mit zarten Tönen. Es jetzt noch einmal zu lesen, war ein Vergnügen. Und das habe ich dem netten Menschen zu verdanken, der immer wieder Bücher für Passanten bereit hält. Vielen Dank! Und allen, den dies Anregung war: viel Spaß beim Lesen!