Otto Wiesmann (52) ist seit 1989 Brooker für Öl-, Benzin und Heizölfutures über die New Yorker Rohstoffbörse. Er glaubt, dass der Ölpreis derzeit nur ein Zwischentief einlegt und bald wieder steigt. 20cent sprach mit ihm.
Herr Wiesmann, vor einem Jahr sagten Sie für Herbst 2006 einen Preis von 89 Dollar pro Barrel Öl voraus. Jetzt liegt er unter 50.
Wir hatten glückliche Fügungen. Zum ersten Mal seit Jahren gab es keinen gewaltigen Hurrikan in den USA. Und am Tag, an dem der Libanon-Krieg begann, wurde eine Pipeline durch Georgien eröffnet.
Aber das erklärt doch nicht, dass der Preis jetzt relativ niedrig ist. Doch, weil weitere Pipelines fertig wurden. Dadurch gibt es mehr
Sicherheit beim Absatz. Ein weiterer Sondereffekt hängt mit der Spekulation in Öl ab. Im Moment laufen viele Termingeschäfte aus. Wer Longpositions hat, muss sie jetzt verkaufen. Das drückt den Preis und ist ausnahmsweise ein positiver Effekt für den Kunden.
Der Ölpreis bleibt 2007 moderat? Das glaube ich nicht. Alles deutet auf einen kontinuierlichen Preisanstieg hin. Der Öldurst Chinas, Indiens und vieler anderer Staaten treibt die Preise sicher hoch.
Müssen wir Angst vor der Achse Chavez – Achmadineschad haben? Die beiden produzieren gewaltige Ölmengen. Wenn diese Länder die Förderung drosseln, steigt der Preis automatisch.
Ist uns Russland da eine Hilfe? Wir kaufen schon den Großteil
unseres Öls in Russland. Deshalb sitzt Russland bei allen möglichen Konflikten am längeren Hebel.
Gibt es kein Mittel gegen diese Ölabhängigkeit? Doch: Rein in die erneuerbaren Energien. Da hat die Bundesregierung bisher ganz klar versagt.
Und was raten Sie dem Hausbesitzer zum Heizen? Mittel- und langfristig hilft nur weg von fossilen Brennstoffen. Die Preise für Holzpellets sind stark gestiegen, aber Hackschnitzel-Heizungen sind günstiger und fürs Klima gut. Erdwärme und Biogas-Anlagen sind weitere Alternativen.
Wo steht der Ölpreis Ende 2007? Ich sage nur, dass er sicher deutlich höher liegen wird als zu Anfang 2007.
Es fragte Andreas Oppermann