Rio Reiser (1950 bis 1996) war die kräftigste und poetischste Stimme der deutschen Rockmusik. Auch neun Jahre nach seinem Tod überzeugen seine Songs. Das beweist
jetzt das Familienalbum, Band 2.
Von Klee bis zu den Söhnen Mannheims, von Christina Stürmer (23) bis Dorfdisko, von Clueso bis Keimzeit reicht das Spektrum der Interpreten. Das Phantastische: Rios
Lieder funktionieren noch immer. Egal ob Klee mit „Lass mich ein Wunder sein“ ganz nah am Original bleibt oder ob die Söhne Mannheims aus „Mein Name ist Mensch“ ein Stück machen, das so klingt, als sei es nur für sie geschrieben.
Schon zu seinen Lebzeiten zeigte sich die Wandlungsfähigkeit von Rios Musik. Marianne Rosenberg (50) startete mit ihr ein Comeback, das vor allem in der Schwulen-Szene für Begeisterung sorgte. Das funktionierte auch damals nur, weil Rio die extrem seltene
Gabe hatte, kitschfreie Liebeslieder schreiben zu können. Selbst bei Marianne Rosenberg gingen die im Kitsch nicht vollständig unter.
Auf dem Familienalbum, Band 2 ist dann auch nicht umsonst „B-Seite“ von Annett Louisan (28) eines der schönsten Lieder. Es klingt tatsächlich so, als wäre es für ihr neues Album erst ganz neu geschrieben worden. Und das gilt für das rockige „Bis ans Ende der Welt“ von Christina Stürmer genauso. Nur Reinhard Mey (52) stört auf dem Album. Das hätte nicht sein müssen. Ganz anders übrigens als Claudia Roth (50). Ihr Intro ist ein starkes Bekenntnis der Grünen-Vorsitzenden, die so gern für ihre Emotionen und ihr Outfit belächelt wird. Im Intro erzählt sie kurz und klar, dass sie dieses Selbstbewusstsein
zum „Nur-Ich-Selber-Sein“ von Rio Reiser hat – aus der Zeit, als sie Managerin von Ton Steine Scherben war.