Wahnsinn, dieser weibliche Witz von Suchtpotenzial. Wunderbar, diese Wucht der Stimmen von Julia Gámez Martin und Ariane Müller. Die beiden Frauen singen sich durch die Sorgen und Wünsche von Frauen. Sie träumen von Musikern und Männern generell. Sie beklagen zu große und zu kleine Brüste und fordern deshalb C-Cup für alle. Und sie machen sich über Gitarre spielende Männer lustig, die ihren Liebeskummer als Singersongwriter meinen kompensieren zu können.
Die Themen kommen aus dem Alltag der beiden ausgebildeten Musikerinnen, die sich am Theater in Ulm kennenlernten. Sie sind prägnant, sie haben konsequent einen weiblichen Blick und sie scheuen auch vermeintliche Peinlichkeiten nicht. Etwa, wenn in „Penisneid“ beklagt wird, dass der Mann überall strullern kann, die Frau aber nicht. Aber die Frau, die kann dafür immer – und benötigt keine Medikamente, um richtig zu können. Aus solchen alltäglichen Peinlichkeiten machen die beiden kraftvolle Lieder, die von der erstaunlichen Varianz und Kraft ihrer Stimmen leben – und vom Witz, dem sie auf der Bühne wirklich alles unterordnen.
Bei ihrem Berliner Auftritt im Comedy Club Kookaburra waren sie mit Pause fast zweieinhalb Stunden auf der Bühne. Die Kneipe war für die preisgekrönte Stimme Martins fast schon zu klein. Umso schöner war die Nähe, um das Spiel und die Mimik der beiden beobachten zu können. Da ihr Fach eigentlich das Musical ist, haben sie jede Geste, jeden Blick auf Lager – von Operndiva bis Headbanger, von Chansonette bis Rapper. Das einzige, das an dem Abend störte, war der Name des und der Bezug auf das Programm. Warum „100 Prozent Alko-Pop“? Suff ist wirklich nicht nötig, um ein kleines Suchtpotenzial nach den beiden Frauen zu verspüren. Und alle Gags an diesem Abend sind besser als jene, die sich auf Alkohol als Mittel zum Lockermachen beziehen. Das haben Julia Gámez Martin und Ariane Müller nicht nötig. Sie müssen sich nicht hinter Suff und Bedröhnung verstecken. Vielleicht waren sie beim Schreiben des Programms noch nicht so locker, wie gestern auf der Bühne. Aber selbst die Strophe über Porno in „Sinn des Lebens“ war in keinster Weise geschmacklos, sondern nur zum Brüllen komisch!
Bitte mehr davon! Da das Programm schon 2013 entstanden ist, wird es Zeit für neue Lieder, neue Geschichten und noch mehr Martin/Müller. Denn die haben wirklich Suchtpotenzial.