Und wieder geht es Peter Truschner um den Halt. In „Das fünfunddreißigste Jahr“ seziert das Leben der Mittdreißiger, die alles haben, nur eines nicht: Ein festes Fundament aus Bindungen und innerem Halt.
Nach seinem Roman „Die Träumer„, in dem es auch schon um Menschen ging, die sich selbst verloren haben und damit repräsentativ für die Gesellschaft sind, widmet er sich jetzt jenen akademisch Gebildeten, die vor lauter Möglichkeiten und Freiheiten keinen klaren Weg für sich sehen und finden können. Der Ich-Erzähler hat studiert, genießt das Leben mit gelegentlichem Suff und Frauen. Er ist das Kind einer Frau, die von seinem Vater sitzen gelassen wurde. Er lernt eine Stiefschwester kennen, die eine ähnliche Erfahrung mit dem gemeinsamen Vater machte. Aber all das ist eigentlich nur die Oberfläche.
Denn das Wesentliche ist das stete Vorbeischrammen an den Gelegenheiten, Halt zu finden. Das ginge mit den Frauen. Aber die Angst, sich zu binden und damit auch Verantwortung zu übernehmen, schimmert immer durch. Sie wird nicht ausgesprochen, aber sie ist das Thema des Romans. Es ginge auch mit der Halbschwester. Aber dann müsste er auch hier Verantwortung für die Bindung zu ihr übernehmen. Letztlich ergreift er auch hier die Chance nicht. Genauso wie im Job. Der Mann mit 35 treibt. Er ist postpubertär, wobei das Pubertäre überwiegt. Und er ist ein literarisches Beispiel für viele reale.
Sprachlich ist Truschner in diesem Roman nicht so expressiv. Aber die Sprache ist nach wie vor sehr genau. Sie kalkuliert die Leerstellen ein, damit sich diese beim Leser füllen können. Mit dem Erschrecken über diese Menschen, die wir alle kennen, die wir alle mögen und die doch in ihrer Bindungslosigkeit so arm sind.