Wenn der Geruch warmer Milch in die Nase steigt, muss das Hirn eingeschaltet werden. Denn der normale Reflex wäre ein Würgen. Wenn man sich aber entschieden hat, Freude bereiten zu wollen, dann wäre das Würgen ganz sicher falsch.
Auch wenn ich zu Milch und Käse ein vor allem im Magen (und in der Nase) mehr als angespanntes Verhältnis habe, so lebe ich doch mit Menschen zusammen, die Milchprodukte lieben. Deshalb überwinde ich mich ab und an und stelle mich an den Herd, um Latte Macchiatto zu produzieren. Wenn dann noch lange vor dem ersten feinen Milchdampf dieser seltsam schmierige Geruch aufsteigt, gilt es konzentriert zu sein. Nicht das Aufschäumen ist das Problem, nicht das Abfüllen des Schaums in Gläser und das Aufgießen mit dem Kaffee, der mich Teetrinker ebenfalls nicht erheitert, sondern nur der olfaktorische Reiz, der das vegetative Nervensystem in Aufruhr versetzt.
Doch die Freude der inzwischen schon zwei Latte-Liebhaberinnen ist es wert. Aber nur, wenn der Schaum nicht zerfällt. Und das tut er, wenn sich das Frühstück verzögert. Dann schiebt sich der strahlend weiße Schaum zusammen, dann vermischt er sich mit dem braunen Kaffee, dann löst er sich in schlamm-farbener Tristess auf. Fast so wie Träume, für die man mit viel Kraft und Widerstand gekämpft hat, wenn sie sich als unrealistische Illusion entpuppen. Deren Ende schlägt ja auch auf den Magen.