Deutsche Oper macht aus Tannhäuser ein Rüstungs-Spektakel

Es sind die Ritterrüstungen, die beim Tannhäuser in der Deutschen Oper vor allem im Gedächtnis bleiben. Tannhäuser trägt sie. Beim Sänger-Wettstreit auf der Wartburg werden sie von den Minnesängern getragen. Und sie hängen von der Decke. Ein Himmel aus Stahl. Ein Albtraum von hehren Ritteridealen bevölkert wie ein Stahl gewordenes Über-Ich das Handeln und Denken des Hofes des Thüringer Landgrafs Hermann (Ante Jerkunica). Und damit auch die starke Bedrohung des einzelnen Ichs, das sich den Konventionen widersetzt.

Kirsten Harms hat sich das für ihre Tannhäuser-Inszenierung aus dem Jahr 2008 einfallen lassen. Zusammen mit der eher nüchternen Darstellung der Venushöhle entsteht ein steriles Gesamtbild. Zwar spielt der Chor der Deutschen Oper auch intensiv mit, vor allem bei den Träumen und Wahnvorstellungen Tannhäusers. Aber oft ist auch er dazu verdammt, als Dekoration im Raum zu stehen und zu sitzen. Das verstärkt den Eindruck des in Stahl fest verankerten unbeweglichen Bildes.

Dagegen kommen nur die Sängerinnen und Sänger an. Stefan Vinke überzeugt in der Titelrolle vor allem gesanglich. Christoph Pohl ist ein veritabler Wolfram von Eschenbach. Aber Ricarda Merbeth ist bei Kirsten Harms zwei Frauen, zum einen die lüsterne Venus, zum anderen die heilige Elisabeth. Damit knüpft sie an die mittelalterliche Vorstellung von der Frau Welt an. Aber so ganz überzeugen will der Kunstgriff nicht. Denn dafür sind die beiden Frauen zu unterschiedlich. Schauspielerisch ist Ricarda Merbeth dem nicht gewachsen. Und logisch ist es auch nicht, wenn Tannhäuser verbannt wird, weil er nur unkeusche Gedanken gehabt haben soll. Das hakt wie eine schlecht geölte Rüstung.

Musikalisch überzeugt das Orchester der Deutschen Oper unter Donald Runnicles. Dennoch verlässt man das Haus mit einem unguten Gefühl. Hätte man die Augen geschlossen und sich nur auf die Musik eingelassen, wäre alles gut. Aber sobald man die Augen öffnet, Türmen sich Fragen auf, die bis in den mit Rüstungen bevölkerten Bühnenhimmel reichen. Die Antworten, die sich auf all die Fragen formen, sind dann aber doch so hohl, wie Rüstungen ohne Ritter.

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