Orhan Pamuk erzählt von seinem Weg zum Romancier

Orhan Pamuk: Der naive und der sentimentalische Romancier
Orhan Pamuk: Der naive und der sentimentalische Romancier

Es gibt kein Buch von Orhan Pamuk, das ohne autobiografische Motive auskäme. Aber neben „Istanbul“ ist dieses ganz besonders davon geprägt. Denn in seiner Poetik-Vorlesung an der Universität Harvard erzählt er davon, wie er die Welt mit den Romanen der Weltliteratur entdeckte. „Der naive und der sentimentalische Romancier“ ist der etwas sperrige Titel des Buches, das aus der Vorlesungsreihe entstanden ist. Er spielt auf einen Essai Friedrich Schillers an.

Orhan Pamuk schafft es in diesem Buch die Waage zwischen Theorie und den eigenen Lebens- und Leseerfahrungen zu halten. Dadurch erläutert es nicht nur seinen Weg, den er als Autor genommen hat, sondern er öffnet dem Leser auch die Augen für die Wirkungsweise von Literatur. Und die ist überraschend naiv. Denn Pamuk ist zutiefst davon überzeugt, dass gute Romane ein Abbild des Lebens liefern, ja einen tieferen Sinn der Zusammenhänge des Lebens darstellen. Nach Dekonstruktivismus und Postmoderne wirkt das zutiefst naiv. Für Orhan Pamuk wäre dies aber keine Kritik, die er ablehnen würde. Im Gegenteil, ganz im Sinne Schillers will er naiv sein, auch und gerade nach allen literarischen Experimenten, die er selbst in seinen 35 Jahren als Romancier zu Papier brachte.

Orhan Pamuks Stärke ist es, dass er trotz der Kenntnis aller Romantheorien vor allem die Lust am Lesen und am Schreiben in den Vordergrund stellt. Und so den Leser mitnimmt bei der Betrachtung der Möglichkeiten von Literatur. Dabei öffnet er uns die Augen. Und macht uns so Spaß darauf, beim Lesen noch genauer auf das zu achten, was das Gelesene mit uns macht. Irgendwie ist dieses Buch ein kleiner Roman über das Romanschreiben mit einem Ich-Erzähler, der weiß, was es heißt, zu schreiben, zu lesen, zu begeistern.

Ein Frauenlob aufs Frauenlob

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Es gibt diese Erbstücke, bei denen man gar nicht mehr weiß, aus welcher Generation und aus welchem Zweig der Familie sie stammen. Die Weckgläser mit dem Namen „Frauenlob“ gehören dazu. Sie könnten von der Großtante sein; aus dem Schrank, in dem sie einst ihre Marmeladen, Kompotts und sauren Gurken lagerte und der seit nun zwei Jahrzehnten als Bücherschrank bei uns steht. Egal ob sie von ihr sind oder auf einem anderen Weg zu uns kamen, sie waren vor 20, 30, 40, 50, 60 oder 70 Jahren bestimmt mit Kompott gefüllt.

So wie jetzt wieder, nachdem die erste Schwung der Zwetschgenernte mit Zimt, Zucker, Wasser und etwas Rotwein fein duftend verarbeitet wurde. Der absonderliche Produktname „Frauenlob“, der auch aus einer anderen Zeit zu stammen scheint, sorgt regelmäßig für Schmunzeln. Nicht, weil wir an den Minnesänger gleichen Namens denken würden oder die Marineschiffe der Frauenlob-Klasse. Nein, das ist nicht der Grund. Da die Verarbeitung der eigenen Mirabellen oder Zwetschgen Männersache ist, verheißt der Name eher eine Hoffnung. Auf ein Lob der Frauen der Familie, wenn das Kompott zum Kaiserschmarren geöffnet wird. Und der konservierte Duft sich mit dem der warmen Mehlspeise vermischt, wenn die leichte Säure der Zwetschgen mit dem Saft des Kompotts von dem warmen Kaiserschmarren aufgesaugt wird und eine Erinnerung an einem warmen Spätsommertag bereithält. Dann wäre ein Frauenlob wunderbar.

Birk Meinhardt lässt die „Brüder und Schwestern“ in der DDR aufleben

20130818-203501.jpg Wenn ein Autor 700 Seiten für einen Roman benötigt, grenzt das oft an Zumutung. Schließlich erwartet der Autor, dass die Leser viel Zeit mit ihnen und ihrem Werk verbringen. Ich zögere bei dicken Büchern häufig, bis ich beginne zu lesen. Bei Birk Meinhardts „Brüder und Schwestern“ habe ich keine Minute des Lesens bedauert, nur mein Zögern, das sich über einige Wochen hinzog.

Meinhardt schreibt eine Familiengeschichte aus der DDR. Willy ist der Sohn eines aufrechten Sozialdemokraten, der sich trotz innerer Widerstände zum Zusammenschluss mit den Kommunisten zur SED bereiterklärte. Willy steigt zum Druckereileiter auf, ist in der Partei, aber doch immer ein wenig auf Distanz zu ihr. Sein Sohn Erik studiert Außenhandel und arrangiert sich mit den Umständen. Anders als Tochter Britta und Sohn Matti. Sie geht zum Zirkus, um sich den Zwängen des Staates zu entziehen, er wird Binnenschiffer, nachdem er von der Schule relegiert wurde.

Die familiäre Loyalität wird auf die Probe gestellt, als infolge der Biermann-Ausbürgerung dienZahlen in der Schule angezogen werden. Erik verleugnet seinen Bruder Matti, um sein Studium nicht zu gefährden. Vater Willy ist hin- und hergerissen, fürchtet die Folgen von Mattis Konsequenz, bewundert sie aber auch. Und Britta entflieht allem, ohne die familiäre Loyalität zu verleugnen.

Birk Meinhardt formt aus all diesen Zutaten – und noch vielen anderen – eine aufrechte und spannende Geschichte. Dabei liegt die Sympathie des Autors aus Eichwalde eindeutig bei Matti und Britta. Aber das hat nicht zur Folge, dass er die anderen, die sich den Zwängen des Systems nicht entziehen oder auch nur wollen, denunzieren würde. Auch deren Beweggründe sind transparent und klar. So wie wie die teils schrecklichen Geheimnisse in der Familie, die eruptiv an die Oberfläche des Lebens gespült werden.

Das Leben in der DDR beschreibt der Ostdeutsche plastisch, humorvoll und nie bitter. Da, wo die Diktatur erbarmungslos zuschlägt, rückt Meinhardt eher das Groteske in den Blick. Und vermeidet so Verbitterung. Dadurch kann der Stoff, die Geschichte seine Kraft entfalten und den Leser fesseln. So sehr, dass jede der 700 Seiten unbedingt gelesen werden muss. Der Sog der Verästelungen ist faszinierend. Etwa wenn die Willy über Kontakte zu einem Verlag im Westen dafür sorgt, dass Mattis Roman, den er in der Ruhe und Einsamkeit des Schipperns über die ostdeutschen Wasserstraßen schreiben könnte, in der Bundesrepublik gedruckt wird. Mit allen Verwicklungen, die daraus emotional und politisch entstehen. 1989 dann, ist das Buch fertig. Da stehen als letztes die Worte: „wird fortgesetzt“. Als Verheißung. Und nicht als Drohung.

Ernie und Bert spielen Mensch ärgere Dich nicht


Alle schauen lustig. Nur der Bert nicht. Deshalb will auch niemand der Bert sein. Der freche Ernie ist begehrt. Der lustige Oskar auch. Und das fröhlich, verfressene Krümmelmonster auch. Aber der Bert, der bleibt übrig.

Aber dann würfelt der Bert als erster die Sechs. Die lustigen Gesellen stehen noch in ihren Häusern, als der erste Bert schon das Ziel erreicht. Der Ernie, der Oskar und das Krümmelmonster lachen zwar noch immer. Aber nicht ihre Spieler. Vor allem dann, wenn der Bert einen rausschmeißt, vergeht denen die Freude am Spiel. Doch der Bert guckt stoisch ruhig. Kein Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit. Als größte Figur auf dem Spielfeld hat er alles im Blick. Und nimmt schon den nächsten ins Visier, um ihn zurück ins Heim zu schubsen.

Das macht den Bert nicht beliebter. Der Sieger hat keine Freunde. Seine Strenge, sein Durchmarsch, sein Ernst nötigen Respekt ab. Aber Freude? Heute nicht. Nur bei dem, der den Bert als letztes nehmen musste. Aber auch keine echte, denn allein freuen macht keinen Spaß. Auch nicht bei „Mensch ärgere Dich nicht“. Denn Freude muss man teilen. Vielleicht beim nächsten Mal als das alte Paar Ernie und Bert.

In der Bahn wird das Leben erklärt

Im Kabarett lacht man über solche Figuren: Sie tragen Anzug. Sie sind laut. Sie haben Bauch. Und sie sind sich ihrer selbst ganz sicher. Aber wenn man ihnen in echt begegnet, wenn man ihnen nicht ausweichen kann, wenn man ihnen zuhören muss, weil sie selbst von den Stöpseln im Ohr nicht übertönt werden, dann ist Schluss mit lustig.

In der Bahn war es, morgens auf dem Weg zur Arbeit. Da setzte sich so ein Mann um die 50 mit einem Mittzwanziger direkt neben mich. Er gab dem jüngeren Ratschläge fürs Leben. Dabei war er sich ganz sicher, dass er weiß, wie das Leben funktioniert! Das Leben ist nämlich ganz einfach. Es gibt nur ein paar Grundsätze, an die man sich halten muss:

– Mit 35 musst du wissen, was du beruflich willst. Und dazu musst du wissen, worauf du stolz bist!
– Des muss man so sehen.
– Und dann kannst du dich um ein Weibchen kümmern.
– Des muss man so sehen. Das ist Lebenserfahrung.
– Dann hast du gute Chancen bei den Weibern, weil du dann Erfolg ausstrahlst. Dann kannst du dir eins aussuchen.
– Des muss man so sehen.
– Schau dir doch die Konkurrenz an. Da lach ich doch. All die verweichlichten Kerle. Weibisch, weinerlich. Ab in den Steinbruch oder ab in die Armee mit denen! Die Weiber stehen auf andere!
– Des muss man so sehen. Da gibt es nichts zu rütteln.
– Und dann machst du dem Weibchen zwei Kinder. Da sind die scharf drauf.
– Des muss man ganz genau so sehen. Glaub mir.
– Wir brauchen starke, dezidiert stabile Männer, nicht so Typen, wie sie überall rumlaufen.
– Des muss man so sehen.
– Du bist so einer. Jetzt musst du nur noch deinen Erfolg planen. Und dann läuft das.
– Glaub mir. Des muss man so sehen.
– Das Leben ist Erfolg, Gesundheit, Arbeit, Familie und Weibchen.
– Des musst du so sehen. Dann klappt alles.
– Nur die ganzen Schlappschwänze stören. Die gehören echt alle ins Arbeitslager, in den Steinbruch. Die Jugendlichen, die in ein Drill-Camp kommen, sind nach ein paar Wochen alle geheilt. Das muss man mit den anderen Schmarotzern auch machen.
– Da geht kein Weg dran vorbei. Des ist meine Meinung. des muss so sein.

So verlief das Gespräch. Wobei nur einer sprach. Der Mann im Anzug. Der Mann, der weiß, wo es lang geht. Dann ist er zum Glück ausgestiegen. Hat aber weiter gedröhnt. In mir drin. Und dröhnt noch immer. Mit dem dem Wunsch, dass er mal in ein Drill-Camp kommt. Als Unter und nicht als Ober.

Vladimir Jabotinsky beschreibt das Ende des alten Odessa

Vladimir Jabotinsky: Die Fünf
Vladimir Jabotinsky: Die Fünf

Fünf Geschwister sind es, die es dem Erzähler von Vladimir Jabotinsky angetan haben. Fünf Menschen, die aus einer aufgeschlossenen, liberalen Familie Odessas stammen und alle so unterschiedlich sind, wie die Zeit, in der sie leben. Da ist Lika, die Revolutionärin, Marussja, die zärtliche Frau, die sich nach Leben und Familienglück sehnt, Torik, der rationale Planer, Serjoasha, der Hallodri und Marko, der Träumer. Ihnen allen begegnet der erzählende Journalist von cairca 1900 bis 1910 immer wieder.

Jabotinsky war Jude und Journalist aus Odessa. 1880 geboren, war er um das Jahr 1905 ungefähr genauso alt, wie sein Erzähler. Geschrieben hat er seinen Roman „Die Fünf“ 1936, als die Bolschewisten schon fast 20 Jahre in Russland an der Macht waren. Und damit das multikulturelle, weltoffene Odessa untergegangen war. Zur Zeit von Niederschrift und Erscheinen war er schon lange Zionist, ja ein rechter, nationalistischer Zionist. Dennoch ist sein Roman davon überhaupt nicht geprägt. Nur von der Wehmut an die Erinnerung an die untergegangene, bürgerliche Gesellschaft Odessas.

Exemplarisch für das Liberale ist Marussja. Sie ist eine Frau, die Nähe sucht. Sie ist so frei, nackt im Schwarzen Meer zu baden. Sie hat Männer um sich und nimmt sie sich auch. Sie sucht die Nähe, legt sich zum Erzähler ins Bett, um zu spüren, aber nicht, um mit ihm zu schlafen. Ein auf der einen Seite sehr freies Verhalten, auf der anderen aber auch eines, das ihre Verehrer quält. Sie entscheidet sich für die Ehe mit einem Langweiler, obwohl sie einen anderen liebt, den sie damit in den Selbstmord treibt. Obwohl das alles irre ist, ist sie liebenswürdig und ihre Gesellschaft ein Genuss. All das beschreibt Jabotinsky mit einer Distanziertheit, die die Phantasie des Lesers stark anregt.

Jabotinskys Ton ist generell sehr zurückhaltend. Dadurch wirkt das Geschehen um so stärker. Er geht auch kaum auf die gesellschaftlichen und politischen Prozesse ein, die zur Revolution von 1905 führen. Aber dennoch nimmt der Leser die Veränderung wahr. Nicht unbedingt als Fortschritt, aber auch nicht als Anklage. „Die Fünf“ wurden das erste Mal ins Deutsche übersetzt. Zum Glück gibt es inzwischen eine Erfolgsausgabe des Buches, das in der Anderen Bibliothek erschienen ist.

Mehr über Bücher der Anderen Bibliothek

Der Kampf um mein Fahrrad in der U-Bahn

Mein Fahrad in der U-Bahn
Mein Fahrad in der U-Bahn

Die U-Bahn hält ziemlich lang. Eigentlich fährt sie ja in den Bahnhof, dann gehen Dienstreise auf und nach einer guten Minute tönt es aus den Lautsprechern: „Zurückbleiben!“ Aber diesmal ist es anders. Die Bahn fährt und fährt nicht los. dann kommt die Lokführerin in unseren Waggon, packt mein Fahrrad und will wieder raus. „Das ist mein Fahrrad“, rufe ich verwirrt. „Mir ist gesagt worden, hier sei ein herrenloses Fahrrad,“ sagt sie, lässt es stehen und verschwindet wieder.

Alle Blicke im Waggon heften sich auf mich. Einige schmunzeln, andere schauen verwundert. Denn ich sitze ein Stück weg vom Rad, das ich mit einem Klettband an einer Haltestange befestigt hatte. Und ein Mann sagt: „Aha. Jetzt haben Sie sich wohl schnell ein Rad organisiert. Ich war leider nicht schnell genug.“ Da bleibt mir der Mund offen stehen. Ich muss mich rechtfertigen, dass mir mein Fahrrad gehört? „Sie sind erst nach mir eingestiegen,“ versuche ich es. „Das kann ja jeder sagen.“ Er macht einfach weiter. Die Mitfahrer werden zum Publikum. Blicke wandern von ihm zu mir. Sie wollen wissen, wie es weitergeht, freuen sich über die Abwechslung in der überhitzten Bahn.

Mein Kontrahent legt noch eins nach. „Also, ich glaube nicht, dass das Ihr Rad ist. Ich nehme es mit.“ Da rutscht es mir raus: „Schauen Sie mal auf den Sattel. Der ist viel zu hoch für Sie. Aber nicht für mich!“ Alle Blicke richten sich auf ihn. Und dann lacht der Waggon. Der Mann ist höchstens 1,70.

Jetzt schweigt er. Sagt nichts mehr. Aber ich ärgere mich. Nicht mehr über ihn. Sondern darüber, dass mir in der Hitze kein besseres Argument eingefallen ist, als eines, das sich auf seinen Körper. Und darüber, dass Schadenfreude doch immer am besten ankommt.

Veit Heinichen nimmt sich Südtirols Privilegien und Nationalismus vor

Veit: Heinichen: Im eigenen Schatten
Veit: Heinichen: Im eigenen Schatten

Er kann es noch. Veit Heinichen legt mit seinem achten Fall von Proteo Laurenti wieder einen richtig guten Krimi aus Triest vor. Nach dem etwas lustlosen letzten Fall ist „Im eigenen Schatten“ wieder ein Buch, in dem Politik, Kriminalität und das besondere Zeitgeschehen an der Grenze Italiens zu Slowenien und Kroatien eine wunderbare Melange eingehen. Da fühlt sich auch Proteo Laurenti wieder so wohl, dass die kroatische Staatsanwältin ihn auch wieder attraktiv findet.

Plastikflaschen der Touristen sind das Einkommen der Armen

Plastikflaschen in Istrien
Alles in Plastik. Milch in Plastikflaschen, Wasser in Plastikflaschen, Bier in Plastikflaschen. Wie in vielen anderen Regionen Europas, der Welt wird in Istrien fast nur noch in Plastik abgefüllt. Natürlich mit Pfand. In Vorbereitung auf den EU-Beitritt wurde die entsprechende Richtlinie der Kommission umgesetzt. Und dennoch geben die meisten Touristen ihre Flaschen nicht ab. Sie sammeln sich in großen Müllcontainern vor dem Zugang zum Strand, sie werden in Mülleimer geschmissen oder sie bleiben einfach liegen.

Aber nicht lange. Dann kommen Pfandflaschensammler und packen sie in große Säcke. Oder es fahren Pärchen mit ihren Autos an die großen Container vor den Stränden und durchsuchen sie nach den Flaschen. Ganze Autoladungen bringen sie dann in den nächsten Merkator oder einen anderen Supermarkt. Andere arme Menschen, meist ältere, schleppen ihre großen Müllsäcke in die Läden. Die wenigen Kuna, die sie dafür bekommen, bessern die Renten auf.

Auch in Berlin oder im RegionalExpress nach Frankfurt (Oder) gibt es sie, diese armen Menschen, die den Wohlstandsmüll der anderen durchsuchen, um einige Cent oder Euro damit einzunehmen. Das Pfand ist für sie, die ausgegrenzt sind, weil sie sich vieles nicht leisten können, weil ihnen das Nötigste zum Leben fehlt, eine Einnahmequelle. Sie nehmen den Müll der Touristen, der Pendler, denen der Transport der pfandpflichtigen Flasche zu mühsam ist, um etwas besser zu leben. Ja, sie entwürdigen sich, indem sie im Müll kramen, um etwas würdevoller zu leben.

Und wir? Wir schauen betreten weg, wenn uns in Istrien, im Zug oder am Bahnhof jemand begegnet, der Flaschen aus Mülleimern oder -containern sucht, um sich die paar Cent zu ersammeln, die sein Leben erträglicher machen. Wir wollen diese Armut nicht sehen. Und doch ist sie da. Im Urlaub, daheim und überall.