Christine Küster erinnert sich an den 17. Juni 1953 in Fürstenwalde

Christine Küster aus Fürstenwalde.
Christine Küster aus Fürstenwalde.

Christine Küster lebt noch immer in ihrem Elternhaus. Von hier wurde sie vor 60 Jahren, am Abend des 17. Juni 1953 von der Volkspolizei abgeholt. Als junge Sekretärin der Bauunion-Spree protokollierte sie die Streikversammlung der Fürstenwalder Bauarbeiter. Unser Reporter Andreas Oppermann hat Chrstine Küster besucht und über ihre Erinnerungen an den Volksaufstand vom 17. Juni gesprochen.

Wie immer kommt Christine Küster auch am 17. Juni 1953 gegen halb sieben zur Arbeit. Anders als sonst, sind die Arbeiter der Bauunion-Spree in Fürstenwalde aber noch auf dem Hof. Sie diskutieren, was sie im RIAS gehört haben: Die Kollegen der Berliner Stalinallee streiken. Sie wollen sich keine höheren Normen bieten lassen.

Christine Küster: „Wir hatten einen alten Betriebsgewerkschaftsvorsitzenden (BGL),  der auch in der Partei war. Aber die Leute waren damals noch nicht so fanatisch. Es waren ja die Anfänge. Der wusste noch, wie man so Streiks organisiert. Wenn ihr jetzt streiekn wollt, dann müssen wir jetzt erstmal eine Versammlung machen.“

Christine Küster führt dabei das Protokoll. Und sie hält sich an die klare Anweisung des Genossen: „Aber, hat er gesagt, keine Namen dazu schreiben.“

Nach der Versammlung ziehen gut 200 Bauarbeiter ins Fürstenwalder Reifenwerk. Dort schließen sich ihnen die Arbeiter an. Gemeinsam ziehen sie ins Zentrum der Kreisstadt. Es werden immer mehr, die fordern: Freie Wahlen, Wegfall der Leistungsnormen und Preissenkungen für Lebensmittel in HO-Geschäften.

Christine Küster: „Es waren auf jeden Fall weitaus mehr, als am 1. Mai.“

Erst beim Rat des Kreises stockt der Zug. Die Tore sind  verschlossen. Niemand will mit ihnen sprechen. Deshalb kehren sie um, wollen zur SED-Kreisleitung und zur russischen Kommandantur.

Christine Küster: „Da kamen uns plötzlich Russen um die Ecke entgegen, mit Gewehr im Anschlag und Bajonett. Und dahinter kamen Panzer um die Ecke.“

Angst macht sich breit. Die friedliche Menge löst sich in Panik auf. Auch die junge Sekretärin flieht, wird sich jetzt erst bewusst, wie gefährlich Streik und Demonstration waren.

Als die Volkspolizei sie am Abend abholt, verrät sie keine Namen. Auch acht Tage später, als sie ein Stasi-Offizier anwerben will, verweigert sie die Zusammenarbeit.

Christine Küster: „Es war ein gutaussehender, Mann. Ein großer, blonder, hübscher Mann. Aber seine Art. Ich dachte, der sieht nur nett aus, wie so ein SS-Offizier, habe ich gedacht.“

Dennoch macht Christine Küster Karriere. Sie studiert, steigt in die Leitung der Bauunion auf und wird nach dem Ende der SED-Diktatur von den Arbeitern zur Betriebschefin gewählt. Für Kinder und Enkel schreibt die Fürstenwalder Rentnerin jetzt ihre Erinnerungen auf. Denn der 17. Juni hat ihre Haltung gegenüber der DDR geprägt:

„Ich habe schon früher nicht so viel von dem Staat gehalten. Aber danach war mir das klar.“

Hier ist der Beitrag als Audio…

Urfa Sofrasi – die Türkei mitten in Hannover

Urfa Sofrasi in Hannover
Urfa Sofrasi in Hannover

Dieser Tomatensalat mit Stangensellerie, Koriander, Petersilie und etwas Minze. Er schmeckt wie in den Lokalen in der Türkei. Die Kellner in schwarzem Hemd und schwarzer Hose bewegen sich wie ihre Kollegen in der Türkei. Der Chef, so um die vierzig, mit schwarzer Hose und weißem Hemd, plaudert, kassiert und gibt Anweisungen wie in der Türkei. Alles im „Urfa Sofrasi“ in Hannover ist wirklich so, wie in den trubeligen Restaurants in Anatolien. Die Gäste und die Kellner sprechen alle Türkisch, selbst die Speisekarte ist wie jene für Touristen: erst Türkisch und dann in kleineren Buchstaben Deutsch – mit Bildern, die zeigen, was man nach der Bestellung auf dem Teller haben wird.

Der Mann, der mir am Tisch gegenüber sitzt, zieht beim Bezahlen die Scheine aus der Hosentasche, als würde sich die Szene in der Türkei abspielen. Und die Frauen sind teils mit und teils ohne Kopftuch, so wie es in Urfa wohl auch wäre. Alle essen mit Freude, parlieren mit Lautstärke, zeigen sich Bilder auf ihren Handys und trinken Tee, Ayran oder Cola – aber kein Bier. Mit dem Schritt in das „Urfa Sofrasi“ wechselt man von Hannover in die Türkei.

Ich fühle mich so in die Türkei versetzt, dass ich fast erschrecke, als ich auf Deutsch angesprochen werden. Als man wissen will, was ich von Erdogan und den Demonstranten halte? Ob es mir schmeckt? Ob ich schon einmal in der Türkei war? Und wo? All das wurde ich auch in der Türkei schon viele Male gefragt. Und so bin ich hier Mitten in Hannover doch in der Türkei. Und genieße das Essen, freue mich über die Gastfreundschaft und denke an Lokale in der Türkei, die ich alleine, zu zweit oder in Begleitung ganzer türkischer Familien besucht habe. Spüre Erinnerungen nach und frage mich, wie es denn jetzt in Istanbul wäre, am Taksim oder in dessen Nähe? Und was all die Schüler und  Lehrer wohl davon halten, wie die Regierung Erdogan im ganzen Land die Jugend niederknüppeln lässt?

Leanne Shapton meditiert über das Bahnen-Ziehen

Leanne Shapton: Bahnen ziehen
Leanne Shapton: Bahnen ziehen

Vielleicht muss man selbst eine intensive Beziehung zum Wasser haben oder zumindest gehabt haben. Denn wer selbst immer und immer wieder gespürt hat, wie das Schwimmen den Körper schmerzen kann, aber auch wie das Bahnen ziehen den Kopf befreien kann, der wird in Leanne Shaptons Buch „Bahnen ziehen“ Seite um Seite Erfüllung und Erinnerung finden.

Leanne Shapton war vor gut 20 Jahren eine einigermaßen erfolgreiche Schwimmerin aus Kanada. Den Sprung in die Olympia-Mannschaft schaffte sie zwar nicht, aber im eigenen Land zählte sie dennoch zu den besten zehn bis 20. Damit konnte sie ihren Traum nicht erleben, aber all das, was das Schwimmen ausmacht, hat sie so intensiv erlebt, dass sie fast vergessen hat zu leben. So, wie es vielen Hochleistungssportlern ergeht.

Inzwischen ist sie eine etablierte Künstlerin, Autorin und Verlegerin. Aber der Weg dahin war nicht einfach. Leanne Shapton zeichnet ihn nach, mit Worten und Bildern. Sie versetzt den Leser in die chlorhaltige Luft der Schwimmbäder, in die Rituale der Wettkämpfe und in den Schmerz des Trainings. Das ist faszinierend, weil sie es reflektiert. Es wird klar, wie die Muster des Schwimmens auch im trockenen Leben eine wichtige Rolle spielten. Und wie wichtig das Bahnen ziehen noch immer ist. Shapton hat die Obsession, in jedes Schwimmbad gehen zu wollen, jeden Pool durchqueren zu müssen.

All das erzählt sie teils ernst, teils ironisch. Sie illustriert es mit eigenen Bildern und macht das Buch so auch zu einem Kunstbuch, das auf einer anderen Ebene als nur der schriftlichen die Monotonie und Meditation, die Erfüllung durch Wiederholung illustriert.

 

Der Gast, der wird geehrt, auch wenn er noch so stört

Eigentlich gibt es den Schüleraustausch ja, damit sich Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Ländern kennenlernen, indem sie sich austauschen, indem sie miteinander reden und gemeinsam lachen.

Aber sie sitzt da und sagt nichts. Wenn man sie fragt, schaut sie nur. Manchmal kommt auch ein „Ja“. Häufiger aber ein „Nein“. Am wahrscheinlichsten aber sagt sie: „Wie Du willst.“

Zehn Tage geht das so. Ob beim Frühstück oder beim Abendessen, ob bei der Frage nach der Freizeitgestaltung oder dem gewünschten Lunchpaket. „Wie Du willst.“

Ist das Schüchternheit? Immerhin ist die Gastschülerin aus Frankreich das erste Mal bei einer deutschen Familie. Oder ist das Höflichkeit? Also der Versuch, dem Gastgeber nicht zur Last zufallen?

Aber genau dadurch wird sie zur Last. Weil sie nicht spricht! Weil sie keine Antworten gibt! Weil sie einfach nicht kommuniziert! Das stete Rätseln was sie wohl will, macht die ganze Familie  mürbe. Während sie passiv und inaktiv da sitzt, wächst in der Familie die Aggression. Eine Stichelei hier, ein Genervt-Sein da. Und das nicht nur bei mir.
Dagegen hilft nur das meditative Wiederholen eines schönen Satzes, den mein Vater immer sagte: „Der Gast, der wird geehrt, auch wenn er noch so stört.“ Denn auch Höflichkeit kann stören. Und Schweigen kann nerven. Ja Schweigen kann richtige Wunden schlagen. Aber: „Der Gast, der wird geehrt, auch wenn er noch so still und schweigsam nervt.“

Berliner Fußballplätze – SV Nord Wedding 1893

Als erstes fällt das Gitter auf. Das trennt den eigentlichen Platz vom Vereinsheim und der Besucherterrasse. SV Nord Wedding 1893 macht an diesem Gitter deutlich, dass der Platz nur für die Spieler ist – und nicht für Eltern und Begleiter. Offenbar gab es hier schon die eine oder andere Auseinandersetzung zwischen sich ereifernden Vätern verschiedener Mannschaften. Der Platz selbst ist zwischen Straße und Häusern und Park schön angelegt. Nur die Flugzeuge, die kurz vor der Landung in Tegel direkt über den Platz fliegen, stören gewaltig. Der Kunstrasenplatz, der an einer Seite auch eine Mini-Tribüne mit drei Sitz- oder Stehreihen hat, ist solide. Und nach Regentagen schnell, weil die Nässe nicht versickern kann.

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