Judith Joy Ross fotografiert die Gesichter der US-Kriege

Judith Joy Ross: Living with war
Judith Joy Ross: Living with war

Der Krieg und die Menschen in den USA ist das Motto der Arbeit von Judith Joy Ross. Living with war enthält ausschließlich ganzseitige Porträts in Schwarz-Weiß, in denen sich das ganze Drama des Krieges zeigt.

Begonnen hat Judith Joy Ross mss mit Fotos am Denkmal für die Vietnam-Gefallenen. Kurz nach der Einweihung hat sie Besucher gefragt, ob sie sich von ihr mit ihrer altertümlichen Großbildkamera ablichten lassen. Was sie dann auf den Film gebannt hatte, waren keine einfachen Porträts. Angesichts des Denkmals, in dem sämtliche Namen der fast 60.000 gefallenen US-Soldaten eingraviert sind, hat sie Trauer und Entsetzen über die Unfassbarkeit des kriegerischen Todes eingefangen.

1990 konzentrierte sich Ross auf Reservisten der US-Army, die sich gerade freiwillig gemeldet hatten. Aus dem Buch blicken uns Menschen an, die ihre Uniformen bekommen haben. Menschen, die verkleidet wirken. Die Mischung aus Erschrecken und Stolz, aus
Unsicherheit und Entschlossenheit offenbart die seltsame Macht, die von Uniformen ausgeht. Und das genau in dem Moment, in dem die USA im ersten Golfkrieg standen
und Saddam Hussein aus Kuwait verjagten. Während die Reservisten zu Hause in die ungewohnte Militärkleidung schlüpften, wurden die gleichen Kleidungsstücke von
aktiven Soldaten mitten in einem Krieg getragen.

In den Jahren 2006 und 2007 schließlich fängt Ross Gesichter von Menschen ein, die in den USA gegen George W. Bushs Irak-Krieg demonstrieren. Junge Männer und Frauen, gesetzte Priester und ehemalige Soldaten zeigen die Zweifel und die Enttäuschung, sich gegen die eigene Regierung, gegen die kämpfenden Soldaten im Irak stellen zu müssen. Einigen Demonstranten ist der innere Kampf anzusehen. Sie selbst haben wohl George W. Bush gewählt. Jetzt fühlen sie sich belogen. Und deshalb gehen sie auf die Straße, obwohl das wirken könnte, als fallen sie der eigenen Armee in den Rücken.

Ohne auch nur einen Toten zu zeigen, gelingt es Ross nur durch ihre eindringlichen  Porträts, die menschliche Tragweite des Krieges zu zeigen. In den Gesichtern spiegelt sich das alles. Diese Fotos lösen nur durch Betrachten beim Betrachter intensive Gefühle aus.
Und Faszination darüber, welche Kraft in vermeintlich einfachen Fotos stecken kann.

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