Wladimir Kaminer kocht in der „Küche Totalitär“

Offensichtlich hat der Sozialismus gut geschmeckt. Den Eindruck muss gewinnen, wer sich über Wladimir und Olga Kaminers Rezepte aus „Küche totalitär – Das Kochbuch des Sozialismus“ hermacht.

Die kulinarische Reise durch die Ex-Sowjetrepubliken ist deftig. Wladimir Kaminers passende Erzählungen aus der Gegenwart zu all diesen Ländern sind zudem eine feine ironische Brechung alter Vielvölkerstaatsträume. Sie handeln vom Leben der Exilanten in
Berlin, von ihren Träumen und Erinnerungen an die Heimat. Und sie erzählen von der postsozialistischen Geschichte Weißrusslands, Lettlands oder Tschetscheniens.

Eine als Kochbuch getarnte literarische Geschichtsstunde also. Und sie ist kraftvoll angerichtet.

Otto Sander und Götz Alsmann lesen Max und Moritz

Der alte Wilhelm Busch (1832- 1908) ist seit einigen Jahren wieder richtig in. Spätestens seit Robert Gernhardt (69) die wunderbare Auswahl „Da grunzt das Schwein, die Englein sangen“ veröffentlichte, wird sein Humor wieder ernst genommen.

Schauspieler Otto Sander (65) und Entertainer Götz Alsmann (49) haben sich auch durch
das Werk gelesen und für eine herrliche CD ihre Busch-Favoriten vorgelesen. Dabei legen sie viele verschüttete kleine Gedichte und Texte frei. Natürlich lesen sie „Max und Moritz“. Dieser Einstieg in die CD soll die lachenden Hörer nur einfangen. Die vielen kleinen Bosheiten, die danach folgen, machen das Hörbuch zu einem echten Knüller – inklusive Alsmanns Ukulele-Improvisationen.

Paul Berman analysiert die Generation Joschka Fischer

Joschka Fischer (57) ist der Inbegriff eines 68ers, der den Marsch durch die Institutionen vollendete. Paul Berman, ein amerikanischer Intellektueller, hat die Karriere Fischers vom Straßenkämpfer bis zum Außenminister analysiert.

Sein Blick von außen lässt die Debatte über Fischers Vergangenheit kleinkariert erscheinen. Zu Recht. Denn Bermann zeigt in seinem Buch auf, wie sich eine Generation
nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa aufmachte, um das Leben freier, friedlicher und fröhlicher zu machen. Und welchen Erfolg die Generation gesellschaftlich
hatte. Problematisch bleibt aber sein Vorwurf, dass Fischer und Co. den Irakkrieg
ablehnten.

Paul Berman: IDEALISTEN AN DER MACHT – DIE PASSION DES JOSCHKA
FISCHER. SIEDLER. 19,95 EURO

Mikael Niemi So witzig treibt es die Welt mit uns

Wer glaubt, dass die Welt durch den Urknall entstanden ist, der ist auf dem Holzweg. Denn eigentlich ist alles viel verrückter. Mikael Niemi hat in seinem aktuellen Roman „Das Loch in der Schwarte“ eine skurril-witzige Erklärung der Welt vorgelegt.

Niemi wurde mit seinem Debüt „Populärmusik aus Vittula“ weit über seine schwedische Heimat hinaus bekannt. Die Verfilmung des Buches verstärkte die Resonanz auf den etwas schrulligen Schweden noch. In „Das Loch in der Schwarte“ wandelt Niemi ein bisschen auf den Spuren von Douglas Adams und dessen „Per Anhalter durch die Galaxis“. Der Held seines Romans lebt irgendwann in der Zukunft und arbeitet als Fährmann eines  Transport-Raumschiffs, das quer durch alle Galaxien fliegt. Die Betonung liegt auf alle.

Denn Niemis Menschen kennen das Geheimnis der Welt inzwischen. Sie wissen, wo das Ende der Welt ist. Sie wissen sogar, dass danach noch etwas kommt. Ein Reich der Zwischenmaterie. Oder so ähnlich.

Der Roman beginnt mit einer ganz beschaulichen Geschichte. Irgendwo am Polarkreis geht ein Mann in eine Sauna direkt an einem unberührten See. Und dann passieren die  unglaublichsten Dinge. Die sind der Anfang vom Verständnis der Welt. Denn Außerirdische
besuchen die Erde. Sie sind recht seltsam und schauen sich die Welt aus anderen Zeitwinkeln an.

Diese Geschichte ist der Rahmen für all die Erlebnisse, von denen der Raumfahrer als Chronist zu erzählen weiß. Er berichtet von Figuren, die Krokodilen gleichen und intergalaktische Konzerne besitzen. Er erzählt vom abgedrehtesten Club der Galaxis, der
Schwarte, in der sich alles versammelt, was durch das Universum kreucht und fleucht. Und das ist einiges! Er erläutert, wie die ersten Freaks mit gebrauchten Raumschiffen
ins All vorgestoßen sind – und was sie da alles so erlebten.

Dabei weiß er auch noch, wie der Markt für gebrauchte Raumschiffe damals auf der Erde in Schwung kam, wie Siedler auszogen und auf Kometen und Planeten neue Zivilisationen
gründen wollten. All das ist extrem witzig geschrieben. Kein Gedanke ist Niemi zu abgedreht. Und so formt er eine literarische Welt, die der guten alten Erde aufs Vergnüglichste den Spiegel vorhält.

MIKAEL NIEMI: DAS LOCH IN DER SCHWARTE. BTB. 19.90 EURO

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